Oersdorf hat von sich reden gemacht. Und das gar nicht in gutem Sinne. Zweimal musste eine Bauausschusssitzung wegen einer Bombendrohung ausfallen. Es gab massive Einschüchterungsversuche, weil der Ausschuss angeblich einen Beschluss zur Unterbringung von Asylbewerbern an der Dorfstraße 5 fassen wollte. Die Polizei rückte an, die Presse berichtete, Bürgermeister Kebschull bezog Stellung in einer ausführlichen Mitteilung an die Gemeinde.
Der Absender oder die Absenderin dieser unfassbaren Drohungen scheint sich ziemlich gut auszukennen mit den Strukturen und Gepflogenheiten in unserem Dorf, Doch fehlt es offenkundig an Sachkenntnis, was die Planungen zur Dorfstraße 5 angeht. Deshalb hier noch einmal die Fakten.
Das ehemalige Wragesche Bauernhaus ist ein historisches Gebäude mit ortsbildprägendem Charakter im Zentrum unseres Dorfes. Es grenzt unmittelbar an das Gemeindehaus und den Platz in der Dorfmitte.
Die Gemeinde verfügt also mit dem Erwerb des Grundstücks samt Haus im Dorfkern über eine zusammenhängende Fläche und Gebäude für die Dorfgemeinschaft und kann zukünftige Planungen steuern.
Bei einem Verkauf des Grundstücks an private Investoren wären ein Abriss und der Neubau eines Mehrfamilienhaues an dieser Stelle möglich gewesen. Das wollte die OeWV nicht.
Vor Eintritt in Verkaufsverhandlungen hatte ein Fachmann nach Besichtigung erklärt, dass das Gebäude natürlich gründlich saniert werden müsse, um Ansprüchen an modernes Wohnen zu genügen. Das Haus verfüge aber über eine gesunde Substanz, der Erhalt lohne sich deshalb. Man könne davon ausgehen, dass sich die Ausgaben für den Erwerb und die Sanierung über Mieteinnahmen amortisierten.
In dem Gebäude können nach ersten Planungen vier etwa 70 Quadratmeter große Wohnungen entstehen. Nach Ansicht der OeWV eine einmalige Chance, älteren Bürgerinnen und Bürgern, denen ihre Häuser zu groß geworden sind, eine Wohnung in vertrauter Umgebung anzubieten.
Auch junge Oersdorfer, die auf eigenen Füßen stehen wollen, und junge Familien, die sich (noch) kein Haus leisten können oder wollen, könnten hier eine attraktive Bleibe finden und müssten ihr Dorf nicht verlassen.
Wichtig für die OeWV: Mit dem Erwerb des Gebäudes schaffen wir einen Wert für die Gemeinde, der sich über die Jahre rentiert. Nach Rückzahlung des aufzunehmenden Kredits hat die Gemeinde Mieteinnahmen, die die laufenden Instandhaltungskosten übersteigen werden.
Da die Gemeinde andererseits nicht daran interessiert ist, mit dem Gebäude unmittelbar Gewinne zu erzielen, kann sie anders kalkulieren als ein Investor. Die erwarteten Mieteinnahmen müssen die laufenden Kosten – Bedienung des aufzunehmenden Kredits sowie Unterhaltungs – und Instandhaltungskosten – tragen und keine Rendite abwerfen. Das eröffnet Finanzierungsspielräume, die ein Investor nicht hat.
Laut Beschluss der Gemeindevertretung am 25. August 2015 soll die„Dorfstraße 5“ so renoviert und ausgebaut werden, dass dort mehrere, darunter auch barrierefreie, Wohneinheiten entstehen. Der Standard soll den Vorgaben des sozialen Wohnungsbaus entsprechen.
Über die mögliche Nutzung des Gebäudes wurde kein Beschluss gefasst und soll auch absehbar kein Beschluss gefasst werden. Die Nutzung steht also allen Interessierten offen: jungen Familien, jungen Menschen und Seniorinnen und Senioren.
Und wir als OeWV machen keinen Hehl daraus: Wenn sich die Möglichkeit ergäbe, dass wir auch einer Flüchtlingsfamilie eine neue Heimat in unserem Dorf bieten könnten, würden wir diese Gelegenheit gern ergreifen und damit als Gemeinde einen kleinen Beitrag dazu leisten, Menschen, die aus ihrer Heimat fliehen mussten, eine neue Perspektive zu bieten. Und wo könnte dies besser gelingen, als im Herzen unseres Dorfes im gelebten nachbarschaftlichen Miteinander.
Die beauftragte Architektin wird das Ergebnis einer intensiven Prüfung der Gebäudesubstanz und der Statik vorstellen, dazu ihren Vorschlag für die Aufteilung des Gebäudes in mehrere Wohneinheiten samt einer Kostenkalkulation.
Der Bauausschuss wird – auch unter Berücksichtigung der vorgelegten Kostenkalkulation – darüber beraten, welche Planungsvariante weiter verfolgt werden soll und ggf. unter welchen Auflagen.
Die Architektin wird die beschlossene Planungsvariante weiter ausarbeiten und zu einer nächsten Sitzung eine detaillierte Planung für die Renovierung und den Ausbau vorlegen und Kosten weiter konkretisieren und spezifizieren. Erst auf dieser Grundlage wäre dann ein Beschluss zur Beauftragung und damit zum Start der Bauarbeiten zu fassen.
Wichtig für die OeWV: Wir werden keine Planungen umsetzen, die die Gemeinde in finanzielle Abenteuer stürzt. Vor Beauftragung der Baumaßnahmen werden wir genau durchkalkulieren, in welcher Höhe wir vor dem Hintergrund realistisch veranschlagter Miteinnahmen investieren können.
Zu den Drohungen sagen wir: Wir lassen uns nicht einschüchtern und verfolgen unsere Ziele weiter im offenen und fairen Austausch mit allen. Wenn wir dabei nicht alle einer Meinung sind, ist das normal. Wir können uns darüber auseinandersetzen, auch streiten, dann aber – wie es einer demokratischen Gesellschaft angemessen ist – in demokratischen Prozessen innerhalb der gewählten Gremien zu Entscheidungen kommen und zu diesen dann auch stehen.
Wer mit uns ein Zeichen setzen möchte für eine demokratische Diskussions- und Streitkultur anstelle von Einschüchterungsversuchen über anonyme Drohungen ist herzlich eingeladen, an den Ausschuss- und Gemeinderatssitzungen teilzunehmen.